Cash free / Debt free Regelungen in M&A-Verträgen
Im Rahmen von Unternehmenskäufen und -verkäufen wird auch in Deutschland immer häufiger eine sogenannte Cash free/Debt free Klausel in den Kaufvertrag (engl. SPA bzw. Sales and Purchase Agreement) aufgenommen. Vereinfacht ausgedrückt regelt die Cash free/Debt free Klausel die finanzielle Ausstattung, mit der das Unternehmen zum vereinbarten Kaufpreis übergeben wird. Ein Käufer zahlt also einen Kaufpreis X für Y Barmittelbestand und Finanzverbindlichkeiten.
Der Kaufpreis ist somit genauer definiert und variabel. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Bestand an Barmitteln zum Stichtag höher war als im SPA definiert, erhöht sich der Kaufpreis um diese Differenz bzw. stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Finanzverbindlichkeiten zum Stichtag höher waren als im SPA definiert, reduziert sich der Kaufpreis entsprechend.
Anstelle der Begriffe Cash free und Debt free Regelung wird auch von einer Net Debt Regelung gesprochen. Die Net Debt Regelung stammt aus dem angelsächsischen Raum und findet sich zunehmend auch in Deutschland in SPAs wieder – anstelle einer Regelung über die Höhe der Eigenkapitalausstattung.
Unsere Empfehlung zu Cash free/ Debt free Regelungen
Nehmen Sie unbedingt bereits im Letter of Intent eine Cash free/ Debt free Regel bzw. Net Debt Regel auf! Sie vermeiden dadurch als Verkäufer einen zu niedrigeren Verkaufspreis bzw. als Käufer einen zu hohen Kaufpreis.
Nicht selten kommt es, durch eine weit auseinander liegende Meinung von Käufer und Verkäufer, zum Thema Net Debt Definition in Vertragsverhandlungen zu langwierigen Diskussionen, welche bis zum Abbruch der Vertragsverhandlung führen können. In der täglichen M&A-Praxis erleben wir immer wieder, dass Käufer oder Verkäufer an diesem Punkt sehr viel Geld „verschenken“.
Fragestellungen zu Cash free and Debt free bzw. einer Net Debt Regelung
- Wie ist der Begriff „Cash“ zu definieren, bzw. welche Punkte sind unter „Barmitteln“ zu verstehen?
- Wie ist der Begriff „Debt“ zu definieren bzw. welche Punkte sind unter „Finanzverbindlichkeiten“ zu verstehen?
Im ersten Moment ist man der Meinung, dass diese Fragen sehr einfach zu klären sind. In der M&A-Praxis dagegen liegen die Ansichten von Käufern und Verkäufern weit auseinander – aus Sicht des M&A-Beraters ist das verständlich, geht es doch in der Regel bei der Definition der Position Net Debt um sehr viel Geld (nicht selten um Millionenbeträge)!
Im Rahmen der Verhandlungen des Letter of Intent bzw. des späteren Sales and Purchase Agreements gilt es eine Einigung zu erzielen.
Beispiel für eine Definition der Schulden („Debt“ bzw. „Financial Debt“)
Im Rahmen der Cash-Free/ Debt-Free Regelungen in Unternehmenskauf/-verkaufsverträgen (englisch: „SPA“, Sales and Purchase Agreement), sind die Positionen „Debt“ bzw. „Financial Debt“ und „Cash“ zu definieren. Nachfolgend finden Sie ein Beispiel einer Defintion für „Financial Debt“.
Innerhalb der Verhandlung des SPA sind die Positionen „Cash“, „Debt“ und „Working Capital“ zu definieren und damit zu verhandeln. Das nachfolgende Beispiel zeigt EINE mögliche Variante einer solchen Definition auf einen speziellen Unternehmenskauf/-verkauf bezogen und ist somit nicht allgemein gültig!
Berechnung „Financial Debt“ bzw. „Finanzielle Schulden“
„Financial Debt“ bzw. „Finanzielle Schulden“ sind die Summe aus
- aller Verbindlichkeiten gegenüber Banken (Kreditinstituten) und anderen Kreditgebern (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Darlehen, Überziehungskredite, Anleihen und Schuldscheine sowie die zum Stichtag aufgelaufenen Zinsen), die nicht aus der Lieferung von Waren und Dienstleistungen resultieren, vorausgesetzt, die Zahlungsbedingungen entsprechen den branchenüblichen Zahlungsbedingungen,
- alle Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Verkäufern oder den verbundenen Unternehmen der Verkäufer, die nicht aus der Lieferung von Waren und Dienstleistungen resultieren, sofern die Zahlungsbedingungen den branchenüblichen Zahlungsbedingungen entsprechen,
- alle Verpflichtungen für gestundete Kaufpreiszahlungen oder Kaufpreisraten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anlagevermögen,
- alle Verpflichtungen für Kaufpreiszahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von sonstigem Anlagevermögen, jeweils unter der Voraussetzung, dass die Zahlungsfristen über die branchenüblichen Zahlungsfristen hinaus verlängert wurden,
- die Höhe der Rückstellungen für Steuern vom Einkommen und vom Ertrag wie Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und ähnliche Steuern, die im Stichtagsabschluss ausgewiesen sind,
alle sonstigen Verbindlichkeiten, die mit Bankverbindlichkeiten oder anderen Finanzierungsformen vergleichbar sind, unabhängig davon, ob sie verzinslich sind oder nicht, - sonstige Verbindlichkeiten, die mit Bankverbindlichkeiten oder anderen Finanzierungsformen vergleichbar sind, unabhängig davon, ob sie verzinslich sind oder nicht,
- Rückstellungen für latente Steuerschulden gemäß § 274 HGB und § 306 HGB,
- Bürgschaften und Patronatserklärungen, die nach den handelsrechtlichen Vorschriften als Fußnote oder in anderer Weise im Jahresabschluss auszuweisen sind,
- Rückstellungen für Garantieverpflichtungen, einschließlich Gewährleistungsansprüchen und Produkthaftungsansprüchen gegen die Gesellschaft, soweit sie den Durchschnitt der letzten vier Jahre übersteigen,
- Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten, Ansprüche und ähnliche Verfahren, wenn und soweit ein entsprechender Aktivposten nicht gebildet wurde,
- alle Zahlungen der Gesellschaft an Geschäftsführer oder Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Vertrag und dem Vollzug der im Vertrag vorgesehenen Transaktionen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die Bonuszahlung an Geschäftsführer gemäß der Änderung des Dienstvertrags zwischen Geschäftsführern und der Gesellschaft, und
- alle Rückstellungen für die oben genannten Verbindlichkeiten.
Die Definition des BMA findet man hier.
Sichtweise eines Käufers
- Die Position „Cash“ bzw. „Barmittel“ sollte so „klein“ wie möglich definiert werden, d.h. so wenige Positionen wie möglich sind als Cash zu verstehen. Im Ergebnis reduziert sich der Kaufpreis für den Käufer durch eine sehr enge Definition der Position Cash.
- Die Position „Debt“ bzw. „Finanzverbindlichkeiten“ ist so „weit“ wie möglich zu definieren, d.h. so viele Positionen wie möglich sind unter Debt zu subsumieren. Im Ergebnis reduziert sich auch hier der Kaufpreis für den Käufer durch eine sehr umfassende Definition der Position Debt.
Sichtweise des Verkäufers
- Exakt umgekehrt zur Sichtweise des Käufers!
Fazit zu Cash free/ Debt free Klauseln
Aus diesen ersten Ausführungen zum Thema Debt free/ Cash free Regelung bzw. Net Debt Klausel erkennt man das erhebliche Konfliktpotential, welches in der Definition alleine in dieser Position im Letter of Intent und im späteren Kauf-/Verkaufsvertrag steckt.
Als M&A-Berater beim Firmenverkauf können wir beiden Vertragsparteien nur empfehlen, frühzeitig einen professionellen M&A-Berater in die Gespräche und Verhandlungen zu den Themenkomplexen „Inhalte“ und „Ausgestaltung“ eines Letter of Intent einzuschalten.
KP Tech Corporate Finance
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